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Auf unserem Dachboden stand ein alter Kasten in dem Sachen, die nicht ständig in Gebrauch waren, aufbewahrt wurden. Die Großmutter hatte ihn für diese Zwecke benutzt und nach ihr meine Eltern.
Im oberen Fach lag ein Bild mit Rahmen, von meinem Vater selbst gemalt (siehe Bild unten). Es war liebevoll verpackt, wurde es doch nur einmal im Jahr in der Adventzeit benötigt, und stellte die Herbergsuche dar. Von der Größe her eher unscheinbar, nur das darauf Abgebildete hat mich schon als kleinen Knirps, jedes Jahr von neuem, in seinen Bann gezogen. Im Hintergrund zeigte es eine Stadt an einer Berglehne, es sollte wohl das biblische Jerusalem darstellen. Im Vordergrund eine Gasse mit einem Tor einer Herberge. Die vier abgebildeten Personen darauf, Maria und Josef und zwei Männer waren in ihren Gesten und Gebärden so lebendig dargestellt, daß ich dieses Bild immer wieder betrachten konnte und mir bis heute noch alles in deutlicher Erinnerung geblieben ist. Maria, auf den Stufen zur Herberge sitzend und voller Verzweiflung, Josef den Herbergsvater um Quartier bittend. Der Herbergsvater schroff, abweisend, mit einem großen Schlüsselbund am Gürtel und durch einen Spalt der angelehnten Tür ein Mann blickend, der alles beobachtet. Dieses Bild sollte wohl ein Schuldgefühl an unsere Hartherzigkeit aufzeigen.
Solange die Großmutter lebte, wurde dieses Bild im Advent aus dem Kasten geholt und abwechselnd. bei uns und bekannten Familien aufgestellt. Es wurde eine Art Hausaltar errichtet und täglich kamen abends die Leute hier zusammen und beteten davor. Aus einem kleinen Büchlein wurden die für jeden Tag vorgesehenen Andachten gelesen. Nach dem Tode meiner Großmutter stellte mein Vater das Bild nur noch bei uns zu Hause auf. Dieser Brauch des Herbergsuchens wird in verschiedenen Gegenden heute noch, oder wieder geübt. Mich versetzten diese Andachten immer in eine vorweihnachtliche Stimmung, die das Kommen und die Geburt Jesu anzeigten.
Johann Wanjek, 1988
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