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Ein Artikel aus
OÖ. Heimatblätter
2013 Heft 3/4

Bei dem vorliegenden Beitrag handelt es sich um
einen Auszug aus der im Jahre 2012 von Wolfgang Sachsenhofer an der
Katholisch-Theologischen Privat-Universität eingereichten
Diplomarbeit in Kunstwissenschaft.



Abb. Domkrippe, Weihnachtskonfiguration

Anmerkungen:
(3) Vgl. Ave Maria, Monatshefte des Linzer Dombauvereines, XVII. Jahrgang 1910, Heft 3, 60.
(4) Vgl. Ave Maria, März 1910, 61–62.
(5) Vgl. ebd., 61.
(6) Vgl. Ave Maria, Jänner 1912, 4.


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Die Linzer Domkrippe von Sebastian Osterrieder und
die Tradition der Weihnachtskrippe in Oberösterreich

Autor: Wolfgang Sachsenhofer


Architektonische und landschaftliche Gestaltung


Die Domkrippe ist ein Werk des Orientalismus. Ihr Schöpfer wollte mit seinem Werk jenes Bild vermitteln, welches sich dem Besucher der heiligen Stätten in Palästina um 1900 darbot. Landschaft, Stadtbild, Wohn- und Siedlungsformen, materielle Kultur, Tier- und Pflanzenwelt sowie die Bewohner des Landes entsprechen damit dem Eindruck, den ein Besucher des Heiligen Landes hatte, wenn er die Gegend von Bethlehem bereiste. Der Betrachter der Krippe sollte also die Überzeugung gewinnen: So sieht es dort jetzt aus – und genauso hat es auch schon vor 1900 Jahren, zu Christi Geburt, ausgesehen.
Die Krippe ist in wesentlichen Teilen auch eine Linzer Arbeit: Während der Stall von Osterrieder selbst stammt und mit den ersten Figuren bereits Ende 1909 angeliefert wurde, (3) sind die Holzbrüstung sowie die Maßwerkverbindung zum Gewölbe der Krypta ein Werk des Linzer Dombaumeisters Matthias Schlager. Auch der plastische Teil der Szenerie (also vor allem die Architektur) sowie die Hintergrundbilder mit Landschafts- und Stadtansichten stammen von Linzer Handwerkern und Künstlern. Die plastisch ausgeführten Häuser und Mauern der Stadt Bethlehem sind aus Holz gefertigt und mit Kork verkleidet, um dieser Architektur das Aussehen von Stein oder Lehmwänden zu verleihen.

Beginnen wir – ehe wir uns den Figuren zuwenden – mit der Beschreibung der Krippenlandschaft.
Am linken Rand der Krippe befindet sich das sogenannte „Hirtenfeld“. In dieser, von Felsen umsäumten „Tiefebene“ entdeckt man ein Zelt aus rotschwarz gestreiftem Stoff, welches an mehreren Holzstangen befestigt ist. Ein Lagerfeuer, über welchem ein Kessel hängt, beleuchtet die nächtliche Szene. Ein Widder und mehrere Schafe grasen auf der abgezäunten Weide. Durch die illusionistische Wandmalerei im dahinter liegenden Gewölbefeld scheint sich die Landschaft bis in weite Ferne fortzusetzen: eine Straße führt, vorbei an mehreren alten Gebäuden, durch eine mit Äckern, Weideplätzen und Bäumen belebte Gegend.
Eine steile Treppe führt vom Hirtenfeld hinauf ins Zentrum der Krippenlandschaft, wo sich der Stall mit der Geburtsgrotte befindet. Letztere ist eine getreue Nachbildung der Geburtsgrotte Figuren Bethlehem mit ihren Nischen, Seitenkammern und Stiegen. Der Stall hat eine Breite von drei Metern, eine Höhe von 180 Zentimetern und eine Tiefe von zwei
Metern. Die Geburtsgrotte der Domkrippe hat eine innere Breite von 150 Zentimetern und eine Höhe von knapp einem Meter und entspricht damit etwa einem Drittel der Originalgröße der Grotte von Bethlehem, die vier Meter breit und drei Meter hoch ist.(4) Links im Hintergrund der Grotte ist am Boden ein bunter, gläserner Stern in den Boden eingelassen. Dieser Stern, der von innen beleuchtet werden kann, ist eine Nachbildung des 14-zackigen Silbersterns, der sich an der Geburtsstelle in Bethlehem befindet. Er trägt – wie sein Vorbild – die Inschrift: „Hic de Virgine Maria Jesus Christus natus est“ (hier wurde von der Jungfrau Maria Jesus Christus geboren). Man sieht auch die beiden Stiegen, die links und rechts von der Grotte hinauf in die Stadt Bethlehem führen. Oberhalb des Krippenberges befindet sich ein stattliches Haus, welches den Blick weiterleitet zu den Häusern, Mauern und Toren der Stadt. Außerhalb der Grotte erkennt man zur linken Seite einen Brunnen, dessen Eimer an einer Haspel hängt. Dies soll nach Balthasar Scherndl, dem späteren Generalvikar der Diözese Linz, die Stelle bezeichnen, an der nach der Überlieferung während des Aufenthaltes der Heiligen Familie im Stalle eine Quelle entsprang. (5) Neben diesem Brunnen mündet auch ein steiler, steiniger Weg ein, welcher von oben, aus der Stadt Bethlehem, durch ein Tor zum Platz vor der Grotte führt.
Anbetung der Könige

Wenden wir nun den Blick vom Stall nach rechts, so sehen wir zunächst eine tiefe, von Felsen zerklüftete Grotte. Laut Scherndl wollte der Künstler hier die sogenannte „Milchgrotte“ nachbilden. Diese Höhle in der Nähe von Bethlehem diente der Sage nach Maria und ihrem Kinde zunächst als Versteck, als sie die ersten Gerüchte über den bevorstehenden Kindermord des Herodes vernahm. (6)
Rechts im Anschluss an die Grotte und oberhalb von ihr breitet sich die Stadt Bethlehem aus, wobei – wie schon erwähnt – der vordere Teil plastisch herausgearbeitet wurde, während der rückwärtige Teil an die Rückwand gemalt ist.
Ein besonderer Blickfang ist das große Stadttor, aus dem man über eine Brücke in das Gelände der Geburtsgrotte hinabsteigen kann. Besonders imposant ist dabei der Blick, den man durch das Tor in die Gassen und Häuserfluchten der Geburtsstadt Jesu machen kann. Der Durchgang des Tores hat übrigens eine Höhe von fast einem Meter; ein gebückt gehender Mensch könnte also ohne Schwierigkeiten hindurch gehen. Eine beeindruckende Stadtmauer mit ihren Zinnen und Erkern schließt die Domkrippe rechts ab. Soweit das „Bühnenbild“, vor dem sich das weihnachtliche Geschehen abspielt.

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Vorbemerkung

Lage und Ausmaße
Architektonische und landschaftliche Gestaltung

Das Figurenprogramm der Domkrippe
Die Weihnachtskonfiguration
Die Dreikönigs-Konfiguration
Der Engelschor
Sebastian Osterrieder – Leben und Werk
Auftragsgenese und Entstehungsgeschichte der Domkrippe
Die Domkrippe in der oberösterreichischen Krippentradition



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