Geschichten -Berichte - Aktuelles - über Krippen und Weihnachtsbrauchtum

Home


Ein Artikel aus
OÖ. Heimatblätter
2013 Heft 3/4

Bei dem vorliegenden Beitrag handelt es sich um
einen Auszug aus der im Jahre 2012 von Wolfgang Sachsenhofer an der
Katholisch-Theologischen Privat-Universität eingereichten
Diplomarbeit in Kunstwissenschaft.



Anmerkungen:
(15) Vgl. Vogel, Sebastian Osterrieder, 16.
(16) Vgl. ebd., 17 f.
(17) Vgl. ebd., 19.
(18) Vgl. ebd., 22.
(19) Vgl. ebd., 28.
(20) Vgl. ebd., 48.
(21) Vgl. Gockerell, Nina/Haberland, Walter, Krippen im Bayerischen Nationalmuseum, München 2005, 233.
(22) Vgl. ebd., 233.
(23) Vgl. ebd., 233 f.
(24) Vgl. Vogel, Sebastian Osterrieder, 69.
(25) Vgl. ebd., 70 f.
(26) Vgl. Vogel, Sebastian Osterrieder, 124.
(27) Vgl. ebd., 126 f.
(28) Vgl. ebd., 131.


Zurück

Die Linzer Domkrippe von Sebastian Osterrieder und
die Tradition der Weihnachtskrippe in Oberösterreich

Autor: Wolfgang Sachsenhofer


Sebastian Osterrieder – Leben und Werk


Der bayerische Bildhauer und Krippenkünstler Sebastian Osterrieder wurde am 19. Jänner 1864 in Abensberg in Niederbayern geboren, wo seine Eltern einen Bäckereibetrieb führten.(15)
Seine Begabung zum Schnitzen von Krippenfiguren zeigte sich schon im Kindesalter. Osterrieder erlernte zunächst das Handwerk seines Vaters, nahm jedoch nebenbei „Nachhilfeunterricht“ im Schnitzen bei örtlichen und regionalen Kunsthandwerkern und Bildhauern.(16)
Nachdem er acht Jahre die väterliche Bäckerei betrieben hatte, brachte der Tod des Vaters 1888 die insgeheim erhoffte Wende in seinem Leben: Er übersiedelte
nach München, um sich dort zum Bildhauer ausbilden zu lassen.(17) Seine akademische Ausbildungszeit in München dauerte bis etwa 1895 an.(18)
Schon während dieser Zeit machte er sich mit Aufträgen für Devotionalien, wie Kruzifixe, Heiligenfiguren, aber auch Krippen schnell einen Namen.

Um einen Auftrag für den Deutschen Katholikentag in Landshut (er sollte eine Sitzfigur Papst Leos XIII. schaffen) erfüllen zu können, reiste Osterrieder 1896 nach Rom. Diesen Aufenthalt nutzte er auch zum intensiven Studium der römischen und neapolitanischen Krippen.(19) Immer mehr reifte in dieser Zeit der Wunsch in ihm heran, auch die heiligen Stätten einmal sehen zu dürfen. Da ihm dazu noch das nötige Geld fehlte, vertiefte er sich zunächst in die verfügbare Literatur über dieses Land sowie in Berichte von Pilgern, die dieses Gebiet bereist hatten. Um Menschen und Tiere des Heiligen Landes möglichst authentisch darstellen zu können, begnügte sich der Künstler anfangs damit, exotische Tiere und ihm typisch „ausländisch“ erscheinende Vertreter des fahrenden Volkes, die er beim Münchner Oktoberfest antraf, als „Studienobjekte“ zu verwenden.(20)

Ab etwa 1900 wandte sich Osterrieder immer mehr der Krippe zu und arbeitete in erster Linie für kirchliche Auftraggeber. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Mitentscheidend dafür war, dass Osterrieder eine ganz neue Herstellungsmethode entwickelte, die eine zeitsparende Vervielfältigung möglich machte.(21) Dabei schnitzte der Künstler zuerst die Figur aus Holz und fertigte anschließend davon Gussformen an, die in der Technik des Gelatinegusses ausgeformt wurden, wobei ein in die Figur eingelegtes Drahtgerüst für die nötige Stabilisierung sorgte.(22) Die genaue Zusammensetzung der Gussmasse, welche aus Leim, Gips, Hasenleim und Kreide bestand, hat Osterrieder stets geheim gehalten; er nannte sein Verfahren „Französischer Hartguss“. Im Anschluss an den Guss wurden die Gewänder „kaschiert“, das heißt, es wurden – nach dem Vorbild der sizilianischen Barockkrippen – Stoffstücke in eine Leim-Kreide-Grundierung getaucht, auf die Körpermodelle drapiert und zuletzt die Figur farbig gefasst.(23) Daher gibt es nur eine relativ geringe Anzahl von Osterrieder-Figurentypen, die sich jedoch in der vielfältigen Art der Bemalung unterscheiden. Diese neue Methode erlaubte natürlich eine preiswertere Anfertigung, welche die Anschaffung einer Osterrieder-Krippe für viele Krippenfreunde erschwinglich machte. Bald schuf Osterrieder eigene „Krippenkreationen“, mit denen er – offenbar erfolgreich – in einschlägigen Zeitungen und Zeitschriften sowie mittels eines eigenen Bestandskataloges warb. Auch in den Linzer „Christlichen Kunstblättern“ sowie im „Ave Maria“, der Zeitschrift des Linzer Dombauvereines, sind entsprechende Werbeeinschaltungen Osterrieders erschienen.
Im Jahre 1910 konnte sich Osterrieder seinen Traum, das Heilige Land sehen zu dürfen, endlich erfüllen. Die Bekanntschaft mit der biblischen Landschaft und ihren Stätten, Menschen und Siedlungsformen hat ihn nachhaltig geprägt. Was er sah, erweckte in ihm den Eindruck, als sei die Zeit in den letzten 1900 Jahren stehen geblieben. Seine Studien fanden auch noch ihren Niederschlag in der Linzer Domkrippe, die erst 1913 fertiggestellt wurde. In diesem Werk gelang es ihm, sein „Ideal“ gotischer Bildhauerei mit jener orientalischen Wirklichkeit, wie er sie in Palästina erlebt hatte, zu verschmelzen.
Besonders beeindruckt war er von der Geburtsgrotte in Bethlehem, von der er genaue Vermessungen vornahm, welche er in seinen späteren Krippenbauten berücksichtigen konnte. (24) In entsprechenden Modellen, die sich heute im Deutschen Museum München befinden, hat Osterrieder auch zahlreiche Szenen verewigt, die das tägliche Leben und den Alltag wie etwa das Pflügen, die Zelte der Beduinen oder Warentransporte darstellen.(25)
In der Folgezeit fertigte Osterrieder noch eine ganze Reihe bedeutender Krippen an, die seinen Ruf in der ganzen Welt verbreiteten und ihm den liebevollen Beinamen „Krippenwastl“ einbrachten.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges und den darauf folgenden Jahren der Depression kamen auch für Meister Osterrieder schwere Zeiten, da das „Krippengeschäft“ – zumindest mit kirchlichen Auftraggebern – weitgehend erlahmte. Erst allmählich stieg die Nachfrage wieder an.
Den letzten Lebensabschnitt verbrachte der Künstler als freischaffender Bildhauer in Schwabing. Seine letzten großen Krippenwerke waren 1929 jenes in der Kirche Santa Maria dell´Anima in Rom (26) und die Krippe der Kirche von Schwarzrheindorf bei Bonn im Jahre 1931. (27)
Am 5. Juni 1932 ist Osterrieder in München verstorben. In der Tagespresse wurde er als der große „Erneuerer der künstlerischen Weihnachtskrippe“ gewürdigt. (28)

Weiter: Auftragsgenese und Entstehungsgeschichte der Domkrippe
Zurück: Der Engelschor




Zurück


Vorbemerkung

Lage und Ausmaße
Architektonische und landschaftliche Gestaltung

Das Figurenprogramm der Domkrippe
Die Weihnachtskonfiguration
Die Dreikönigs-Konfiguration
Der Engelschor
Sebastian Osterrieder – Leben und Werk
Auftragsgenese und Entstehungsgeschichte der Domkrippe
Die Domkrippe in der oberösterreichischen Krippentradition



Krippenformen - Krippentypen
Krippenregionen in Oberösterreich:
Mühlviertel / Innviertel / Salzkammergut /
Hausruck / Traunviertel
Alle Krippen nach Orten:
von A-G / H-M / N-R / S-Z
Andere Krippen
Was ist eine Kripperlroas?
Meine Krippe - Krippen und ihre Eigentümer. Machen auch Sie mit!
Prominentenkrippen

Krippengeschichten
Schicken auch Sie uns die Geschichte Ihrer Hauskrippe, Anekdoten oder Erinnerungen aus Ihrer Kindheit in Zusammenhang mit einer Krippe (auch mit Foto). -
eurojournal@utanet.at

Kunsthandwerk
/ Restaurateure / Künstler
Bücher zum Thema:
Krippen / Weihnachten / Kinder
Ihre Bücher können Sie bei uns eintragen lassen!
Krippen-und Weihnachtsbrauchtum
Veranstaltungen / Ausstellungen
Kurse / Workshops